Seit rund sechs Wochen liegt das öffentliche Leben in Deutschland inzwischen brach. Das neuartige Coronavirus sorgt für geschlossene Schulen, Universitäten, Restaurants, Kinos und vieles mehr. An niemandem geht die aktuelle Situation derzeit unbemerkt vorbei. Während einige wenige Unternehmen durch die Krise einen regelrechten Aufschwung erfahren, geht einem Großteil der weltweiten Wirtschaft nach und nach die Luft aus – so auch der Filmindustrie. Alle größeren Dreharbeiten wurden eingestellt, selbst die großen Netflix-Sets liegen auf Eis und bisher ist nicht genau absehbar, wann wieder so etwas wie Normalität einkehren wird.
Neben zahlreichen Festangestellten, die nun auf Kurzarbeit gesetzt worden sind und teils sogar um ihren Job bangen müssen, gab es in Deutschland im Jahr 2018 rund 2,2 Millionen Soloselbstständige, so viele wie nie zuvor, die sich nun um ihre Existenz sorgen. Entsprechend groß war die Freude, als die Bundesregierung am 23.03.2020 beschlossen hat eine große Soforthilfe zur Verfügung zu stellen, um die Liquidität von Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen sicherzustellen. Dabei dürfen sich Soloselbstständige sowie Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigen über bis zu 9.000 Euro und Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten über bis zu 15.000 Euro freuen. Dieses Geld ist als Einmalzahlung zur Überbrückung von einem Zeitraum von drei Monaten bestimmt. Je nach Bundesland gibt es zusätzliche Bedingungen und Voraussetzungen dieses Geld zu erhalten – außerdem bieten manche Länder weitere Hilfen an. Im Folgenden möchte ich über meine Erfahrung mit der Soforthilfe berichten und gehe dabei explizit auf die Situation in NRW ein.
Als Freiberufler habe ich Anspruch auf die Soforthilfe in NRW, da ich die dafür genannten Voraussetzungen erfülle. So sind auch bei mir zahlreiche Jobs durch den Ausbruch des Virus weggefallen, wodurch sich meine Umsätze nachvollziehbarer Weise im Vergleich zum gleichen Zeitraum in 2019 deutlich verschlechtert haben. Sobald das Formular zur Beantragung online war füllte ich dieses direkt aus und erhielt in weniger als einer Woche die Zusage für die Auszahlung sowie die Auszahlung selbst. An dieser Stelle wurde es allerdings etwas verwirrend, da das FAQ auf der Antragsseite beinahe täglich angepasst und wichtige Informationen zum Teil hinzugefügt oder sogar entfernt wurden.
Vor allem für mich als Soloselbstständigen wichtig: Der Hinweis, dass die Soforthilfe auch als eigenes Gehalt genutzt werden darf, sofern dieses derzeit nicht mehr erwirtschaftet werden kann. Ein schöner Gedanke, da ich als Freiberufler so nicht monatelang von meinem Ersparten leben muss, sofern ich denn überhaupt welches habe, und ich nach der Krise wieder normal und ohne Umsatzeinbußen weiterarbeiten kann. Eigentlich. Schade nur, dass das Land NRW diesen kleinen Punkt einige Tage nach der Öffnung der Finanzierungstöpfe kommentarlos aus dem FAQ gestrichen hat und sich daraufhin zahlreiche Soloselbstständige unsicher waren, wofür die Soforthilfe denn nun eigentlich eingesetzt werden darf.
So sehr ich die Arbeit der Regierung derzeit schätze und viele Entscheidungen als gut und sinnvoll empfinde, so ärgerlich ist, dass es noch immer keine nachvollziehbare Ansage gibt, in wie weit Soloselbstständige die Soforthilfe denn nun realistisch nutzen dürfen, da diese nach aktuellem Stand lediglich für betriebliche Ausgaben eingesetzt werden darf. Als Freiberufler im Filmbereich habe ich allerdings quasi keine laufenden betriebliche Kosten, da ich weder über ein Büro noch über hohe monatliche Ausgaben verfüge – lediglich die Anschaffung von Equipment ist nennenswert, allerdings hält sich der clevere Freiberufler in der aktuellen Situation mit teuren Einkäufen verständlicherweise zurück. Und es dürfte relativ klar sein, dass die Soforthilfe nicht für solche Ausgaben vorgesehen ist, da es sich dabei nicht um notwendige Kosten handelt.
Derzeit stehe ich mit einem guten Dutzend Soloselbstständigen in Kontakt, die alle die Soforthilfe beantragt und auch zeitnah erhalten haben. Allerdings traut sich nun niemand von ihnen, mich eingeschlossen, diese einzusetzen, da sie alle diese Hilfe beantragt haben, um ihr regelmäßiges Gehalt zu decken, wie es ja ursprünglich in der FAQ des Landes NRW geheißen hat. Laut des Bescheids sollen die übrig gebliebenen Mittel der 9.000 Euro Ende Mai zurückgezahlt werden. Wer für seine privaten Kosten, wie etwa Miete oder Versicherungen, nicht mehr aufkommen kann, müsse Arbeitslosengeld beantragen. Hier kritisieren viele Soloselbstständige den bürokratischen Aufwand, der dahinter steckt, weshalb ein Großteil es klar bevorzugen würde mit der einfach zu beantragenden Soforthilfe Vorlieb zu nehmen. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert derzeit, dass die Soforthilfe von Soloselbstständigen auch für Lebenserhaltungskosten genutzt werden darf.
Nun gibt es Nachrichten, die einen aufhorchen lassen: Am 17.04.2020 hat NRWs Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart innerhalb einer Pressekonferenz über die Wiederaufnahme der Soforthilfe gesprochen, die aufgrund von Fake-Seiten kurzzeitig ausgesetzt war. Dabei nahm er auch Bezug auf die Kritik, dass die Soforthilfe ausschließlich für betriebliche Ausgaben genutzt werden darf. Im Rahmen des Presse-Briefings schlug Prof. Dr. Pinkwart darin dem Bund vor, dass Selbstständige selbst wählen dürfen, ob sie für die eigene Grundsicherung die Soforthilfe oder das Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen möchten. Das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung – um eine Entscheidung handelt es sich dabei allerdings noch nicht, noch ist es lediglich ein Vorschlag, über den ab dem 20.04.2020 diskutiert werden dürfte. An dieser Stelle ist es jedoch für alle Selbstständigen gut zu wissen, dass ihre Kritik an der Soforthilfe gehört wurde und eine Lockerung für den Einsatzzweck in Aussicht gestellt wird.