In diesem Eintrag möchte ich darauf eingehen, wie ich Magic Lantern auf meiner Canon EOS 5D II genutzt habe, um während meiner zweiwöchigen Reise durch China und Tibet zahlreiche Eindrücke im Raw-Format festzuhalten. Bei Magic Lantern handelt es sich um einen Software-Hack für Spiegelreflexkameras von Canon, der zahlreiche neue Möglichkeiten mit sich bringt. Canon selbst toleriert den Hack, auf Nachfrage konnte ich jedoch erfahren, dass sämtliche Garantie erlischt, sobald Magic Lantern auf eine DSLR installiert wird.
Im Folgenden findet Ihr zwei Zusammenschnitte dieser Reise: Ein Cut Down mit den Highlights sowie eine lange Fassung mit deutlich mehr Inhalt.
Für mich war recht früh klar, dass ich diesen besonderen Urlaub filmisch festhalten möchte. Obwohl ich also eigentlich Urlaub von meiner Arbeit im Kamerabereich hatte, konnte ich nicht ganz vom Thema Film abschalten. Ist dann halt doch mehr, als nur ein Job ;)
Trotzdem wollte ich den Chinesen nicht mit großer Technik gegenüberstehen, sondern ein möglichst kleines Setup mitnehmen. Als Alternative zu meiner Sony FS5 bot sich lediglich meine Canon EOS 5D II an, die, wenn sie nicht gerade für Foto-Jobs benötigt wird, einsam im Regal verstaubt und neidisch auf die Einsätze der FS5 blickt. Bereits früher habe ich mich mit Magic Lantern beschäftigt, jedoch nie ernsthaft damit gearbeitet. Was bietet sich also besser an, als den Software-Hack während eines Urlaubes ausführlich zu testen?
Die 5D II zeichnet mit der installierten Canon-Firmware Full-HD im h.264-Codec auf. Unabhängig von der verwendeten Optik wirkt das Bild recht weich, kontrastreich und stark gesättigt. Color Grading in der Postproduktion ist so kaum möglich. Mit Magic Lantern erhalte ich jedoch zahlreiche weitere Möglichkeiten. Die Installation von Magic Lantern ist dabei besonders einfach, denn die neue Software wird über die Speicherkarte in die Kamera eingelesen und installiert. Sobald ich Magic Lantern von der Speicherkarte entferne verwendet die Kamera automatisch das Standard-OS von Canon.
Besonderes Interesse hatte ich an dem Feature in 14bit Raw aufzuzeichnen und somit maximale Kontrolle in der Nachbearbeitung zu erhalten. Ein Nachteil ist jedoch, dass die Kamera nicht dazu in der Lage ist diese großen Datenmengen auf die eingelegte CF-Karte zu schreiben - das ist erst mit dem Nachfolger, der 5D Mark III, möglich. Um das Raw-Feature an der 5D II trotzdem nutzen zu können besteht die Möglichkeit die Auflösung zu reduzieren, um die Datenrate zu verringern. So ist es bei einer Auflösung von 1856x1044 möglich in den meisten Fällen abbruchsfrei aufzuzeichnen.
Wie sieht es aber nun mit der Datenrate im Detail aus? Bei 1856x1044 in 25fps erhielt ich eine Datenrate von 83,5 MB/s. Bei meiner 32GB-Karte komme ich so auf ca. sechs Minuten und bei meiner 64GB-Karte auf stolze zwölf Minuten Aufnahmezeit. Willkommen zurück im Filmzeitalter!
Dass 18 Minuten bei zwei Wochen Reisezeit doch etwas knapp werden könnte, war mir bewusst. Also investierte ich noch in eine 2TB-Festplatte, um jeden Abend die Daten zu sichern und die Karten frei zu machen.
Gewappnet mit der 5D II, meinem treuen Canon 24-70mm f4-Objektiv, drei Akkus, drei ND-Filtern mit Schraubgewinde, den vorbereiteten Speicherkarten, der externen Festplatte und meinem Macbook Pro machte ich mich also auf den Weg Richtung Frankfurter Flughafen. Ein Rig, einen Gimbal oder gar eine Drohne nahm ich bewusst nicht mit. Lediglich ein einfaches Stativ, das allerdings nur an einem Tag zum Einsatz kam, landete im Koffer. Mein erstes Ziel in China sollte Shanghai werden.
Die kurze Aufnahmezeit der Karten behielt ich immer im Hinterkopf, um nicht mitten am Tag ohne Speicherplatz da zu stehen. Tatsächlich war ich angenehm überrascht, welchen Unterschied es macht, nur 18 Minuten pro Tag aufnehmen zu können. Dadurch geschahen alle Aufnahmen sehr bewusst und ich ließ die Kamera selten länger als 20 Sekunden am Stück laufen. Mit ein wenig Eingewöhnungszeit konnte ich mit Magic Lantern bestens arbeiten. Kleinere Probleme gab es aber natürlich trotzdem, an denen ich merkte, dass es sich nicht um eine offizielle Canon-Software handelt. So benötigt die Kamera beispielsweise bei der ersten Aufnahme pro Karte etwa fünf Sekunden, bevor diese tatsächlich auslöst und aufzeichnet. Außerdem war es bei Aufnahmen, die länger als 15 Sekunden andauerten, manchmal der Fall, dass die hohe Datenrate doch nicht verarbeitet werden konnte, wodurch die Aufnahme automatisch abgebrochen wurde. Daraufhin benötigte die 5D II einige Sekunden, um wieder einsatzbereit zu sein, wodurch ich manchmal wichtige Momente verpasst habe. Ein Muster, wann genau das passiert, konnte ich allerdings nicht feststellen.
Insgesamt war ich aber begeistert, wie gut die Kamera performte. Ich habe es kein einziges Mal erlebt, dass die 5D II abstürzte und einfror. Auch die aufgezeichneten Daten ließen sich in der Post problemlos verwenden - dazu aber nachher mehr. Zudem war ich überrascht, wie sauber und scharf das Bild aussah, obwohl ich nicht einmal in Full-HD aufnahm. Ein wirklich großer Unterschied im Vergleich zur Aufnahme mit dem OS von Canon. Was mich jedoch besonders gestört hat und für mich eines der größten Mankos war, ist der geringe Dynamikumfang, den auch Magic Lantern nicht in professionelle Gebiete anhebt. Vor allem während meiner Zeit in Tibet, mit teils extremer Sonneneinstrahlung, brannten viele Bildbereiche schlicht aus - kein Wunder bei einem Dynamikumfang von nur etwa elf Blendenstufen. Zudem war es natürlich etwas störend jeden Abend die Karten zu sichern, gerade wenn man sich im Urlaub befindet. Aber was tut man nicht alles, um wirklich das Maximum aus einer Kamera rauszuholen, die mittlerweile stolze zehn Jahre alt ist.
Letztlich kehrte ich aus China mit 670GB Raw-Material zurück - umgerechnet etwa 136 Minuten. Allerdings lassen sich die Daten, die im MLV-Container (Magic Lantern Video) gelagert werden, nicht mit jeder x-beliebigen Software abspielen. Auf meinem Macbook Pro hat sich vor allem die kostenfreie Software MLV App bewährt, die ähnlich wie Adobe Lightroom oder DaVinci Resolve zahlreiche Regler zur Verfügung stellt, um das Raw-Material direkt zu bearbeiten. Ich entschied mich dazu das Material in Apple ProRes 422HQ mit der Gammakurve LogC umzuwandeln, um das Material sauber schneiden zu können und trotzdem noch einige Vorteile des Raw-Formats nutzen zu können. Die qualitativ hochwertigste Lösung wäre es gewesen, alle Videos in DNG-Einzelbildsequenzen umzuwandeln, um tatsächlich alle Raw-Vorteile beizubehalten. Das hätte die Bearbeitung allerdings deutlich aufwendiger gemacht und seien wir ehrlich - es war nun auch immer noch ein Urlaubsvideo.
Schließlich schnitt ich das Video in Adobe Premiere und wählte wie bereits zuvor beabsichtigt einen Aspect Ration von 1:2.35 aus, wodurch ich meine finale Auflösung von 1856x776 erhielt. Für den Youtube-Upload musste ich jedoch ein wenig hochskalieren, da Youtube das Video sonst nur in kleinem HD angezeigt hätte. Dabei entschied ich mich recht früh mit viel SFX, also Soundeffekten, zu arbeiten. Zwar hat mir Magic Lantern auch den internen Ton der 5D II aufgezeichnet, allerdings verwendete ich diesen aus qualitativen Gründen nur an wenigen Stellen. Da ich die Postproduktion in meiner Freizeit vollzog, dauerte es einige Wochen, bis ich nach viel Feedback von Kollegen einen Picture Lock erstellte. Per XML transferierte ich eine reduzierte Premiere-Timeline in DaVinci Resolve, um hier mit meinem Kollegen Niklas Horn das Grading zu realisieren. Da ich mich bei der ProRes-Wandlung bereits für die Gammakurve LogC entschieden hatte, waren die Möglichkeiten bei der farblichen Gestaltung vielfältig und schnell realisierten wir einen Look, an dem wir uns für die restlichen Clips orientierten.
Schließlich exportierte ich aus DaVinci Resolve sämtliche Videos erneut als ProRes 422HQ und fügte diese über eine weitere XML wieder in Premiere ein. Diese musste ich nur noch mit den ungegradeten Clips tauschen. Letztlich baute ich noch einige Motion Graphics-Elemente ein und schickte die finale Fassung in den Export.
Ursprünglich hatte ich zwar deutlich weniger Zeitaufwand investieren wollen, aber vor allem der angenehme und letztlich sehr gut funktionierende Workflow haben mich überzeugt, auch für ein privates Projekt ein wenig mehr Zeit zu investieren. Bei weiteren privaten Projekten werde ich Magic Lantern sehr gerne weiter einsetzen, vielleicht auch mit einer 5D Mark III, um eine noch höhere Auflösung zu erhalten. Bei kommerziellen Projekten bin ich allerdings mit anderen und vor allem auch größeren Kameras deutlich schneller und habe verschiedene Vorteile, die sich vor allem bei Projekten im Team spürbar auswirken.