Vom Setrunner zum Kamerapraktikanten
Kurze Zeit vor dem Start des Praktikums rief mich der 1. Kameraassistent an und gab mir erste Drehinfos und teilte mir auch direkt mit, wo und wann der dreitägige Kameratest stattfinden sollte. Außerdem erfuhr ich, dass wir auf einer Red-Kamera arbeiten würden, mit der ich zu dem Zeitpunkt schon einige eigene Studentenprojekte drehen durfte.Was ich ungewöhnlich fand, war, dass mir noch vor Drehstart die Drehbücher über die ersten sechs Folgen zugeschickt wurden. So war ich, noch bevor die erste Klappe geschlagen wurde, bestens über den Inhalt informiert und konnte, anders als beim Lehrer-Praktikum, die erzählte Geschichte während der Dreharbeiten verfolgen.
Schließlich war es soweit und der erste Testtag begann. Ein Mann, der mindestens zwei Köpfe größer war und noch immer ist, begrüßte mich und stellte sich als 1. Kameraassistent vor. Auch der 2. Kameraassistent trudelte bald ein und ich lernte schnell, dass ich als Praktikant erst einmal die Finger von der Kamera zu lassen hatte. Stattdessen durfte ich die Video-Combo aufbauen, Filter putzen, Akkus laden und eine Akkukiste mit allen Ladegeräten basteln. Das mag nicht sehr spannend klingen, im Vergleich zu meinem Setrunner-Praktikum fühlte ich mich aber direkt heimischer und beobachtete interessiert, wie meine beiden Vorgesetzten die Kamera aufbauten und mir verschiedene Dinge erklärten.
Am Tag vor dem Drehstart stand das Warm-Up mit dem gesamten Team und den Darstellern an und ich lernte Mitpraktikanten kennen, mit denen ich mich ebenfalls gut verstand, und sogar den Kameramann durfte ich bereits mit ein wenig Fragen zu seinem Werdegang löchern. Die Voraussetzungen für einen spannenden Dreh waren also gegeben und so starteten wir mit DT1, den wir auch direkt im Hauptmotiv verbrachten. Dabei handelte es sich um eine leerstehende Etage in einem Bürogebäude, die komplett in ein Krankenhaus umgebaut wurde. Das Set gefiel mir von Anfang an und ich erkannte viele Räume wieder, die ich in den ersten beiden Staffeln schon gesehen hatte. Ich merkte schnell, dass ich mich in der Kameraabteilung deutlich wohler fühlte als in der Aufnahmeleitung. Das lag auch daran, dass meine Vorgesetzten mich ordentlich anlernten und mir viele Dinge zeigten – und mich diese Dinge tatsächlich auch sehr interessierten! Außerdem war ich als Teil der Kameraabteilung immer am Geschehen und stand später als Klappen-Beauftragter oft direkt neben der Kamera, wenn gedreht wurde und nicht etwa hinter verschlossenen Türen, die ich bewachen musste. Nach einigen Tagen Combo-Schupserei hatte ich mich scheinbar soweit bewiesen und durfte weitere Aufgaben übernehmen und auch Optiken und Filter anbringen.
Von Klappen, Marken und schlechtem Hering
Besonders freute ich mich, als ich erstmals Klappe schlagen durfte. Schnell fand ich heraus, dass man daraus durchaus eine Wissenschaft machen konnte und mit den Verbesserungsvorschlägen meiner Abteilung mindestens ein kleines Buch füllen konnte. So lernte ich nach und nach, wie ich die Klappe positionieren musste, damit diese auch wirklich in der Kamera sichtbar ist. Viele Kameramänner sehen es nämlich gar nicht ein, ihr eingerichtetes Bild auch nur um einen Millimeter zu bewegen, um die Klappe ins Bild zu schwenken. Außerdem wurde mir auch eingetrichtert, wie laut die Klappenansagen zu geschehen haben und wie laut ich die Klappe in den verschiedensten Situationen zu schlagen habe. Auch in die geheimnisvolle Kunst der Schlussklappe wurde ich (endlich) vernünftig eingeweiht. In den engen Räumen war es vor allem eine Herausforderung einen Fluchtweg zu finden, bei dem ich nach erfolgter Klappenansage verschwinden konnte, ohne in Spiegelungen zu stehen oder im Bild befindliche Jalousien zum Flattern zu bringen.